„Es war, als ob sich das Meer teilte und uns sicheren Durchlass gewährte, als ich am Kragen gepackt aus dem Ghetto heraus getragen wurde, mitten durch die langen Reihen der in umgekehrter Richtung marschierenden Brigaden, die von ihrer Arbeit außerhalb des Ghettos zurückkehrten und uns so den Blicken der Torbewachung entzogen.“
Gebannt hörten die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen zu, als Fruma Kucinskienè. erzählte, wie sie 1943 als 10jährige unter höchster Lebensgefahr für alle Beteiligten aus dem Ghetto in Kaunas/Litauen herausgeschmuggelt und danach unter einem Decknamen in verschiedenen Familien versteckt wurde. „Beeindruckend, wie sie nur durch ein Wunder überlebet hat“, äußerte eine Schülerin, „mir stieg bei einigen Beschreibungen das Wasser in die Augen“.
Auch die heute 84jährige Fania Brancovskaja aus Vilnius, die als Untergrundkämpferin im Ghetto von Vilnius lebte und nach dessen Liquidierung Partisanin wurde, nicht selten in Erdlöchern im Wald versteckt, fesselte die jungen Zuhörer im Rönneburger Gymnasium. Mit ungeheurer Lebensenergie schilderte die kleine, alte Dame, wie sie trotz aller Unmenschlichkeit und Grausamkeit der nazideutschen Besatzer versuchten, einen Rest Würde für die Ghettobewohner zu erkämpfen. Beeindruckt waren die Schüler von der Bedeutung des Lernens unter diesen unvorstellbar furchtbaren Lebensumständen. Bildung bedeutete auch Hoffnung.
Am Ende dieser Begegnung, die durch den Verein Yad Ruth ermöglicht wurde, äußerten die Schüler berührt und einfühlsam: „Den Besuch eines Zeitzeugen finde ich sehr wichtig, da man so erfährt, wie es wirklich gewesen ist.“ „Wahrscheinlich kostet es einen Zeitzeugen viel Mut und Kraft, über diese Erlebnisse zu sprechen. Dafür habe ich große Bewunderung.“
© 2006 Hs