26.03.14 - Sally Perel bei seinem Besuch am AvH

Sally Perel – Hitlerjunge Salomon – liest im AvH vor 240 Schülerinnen und Schülern

Wir hatten es vorher geübt! 240 Schülerinnen und Schüler sangen in der Turnhalle. Dieses Mal wollten wir Sally Perel eine besondere Freude machen: Hineh ma tov uma na’im. Shevet achim gam yachad („Es ist so schön, wenn die Brüder – und Schwestern – beisammen sind“)… ertönte es nach der Lesung als Hommage an Sally Perel aus den jugendlichen Kehlen, begleitet von zwei Trompeten (gespielt von Thore, 10c, und Felix, 10b). Gänsehaut! – Auch Sally Perel, der in Tel Aviv lebt und Lesereisen in ganz Europa unternimmt, war sichtlich ergriffen. Mit dem Bericht über seine Erfahrungen als Junge und Jugendlicher während der Zeit des Nationalsozialismus hat der heute 89-Jährige die Schülerinnen und Schüler sehr beeindruckt.

Der jüdische Junge Sally überlebte in der Identität des Hitlerjungen Jupp den Nazi -Terror. Geboren in Peine 1925, geflüchtet nach Polen als 10-Jähriger, nachdem in Deutschland der Schraubstock des Terrors gegenüber jüdischen Bürgern immer enger gedreht wurde, musste Sally sich 1939 nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen in Lodz von seinen Eltern verabschieden. Er sollte sie nie mehr wiedersehen. „Hätte ich das gewusst, wäre ich wohl nicht gegangen“, sagt er heute. Aber das wäre sein Tod gewesen. Seine Mutter wusste das, verabschiedete ihn mit den Worten: „Sally, du sollst leben!“, und schickte ihn mit dem älteren Bruder Richtung Russland. Dort landete der inzwischen 14-Jährige in einem Waisenhaus. Als die Wehrmacht weiter nach Osten vorrückte und Sally erneut fliehen musste, fiel er schließlich in die Hände deutscher Soldaten. Sie glaubten ihm, dass er „Volksdeutscher“ sei und verzichteten wie durch ein Wunder auf die „totsichere“ Überprüfung, ob er Jude sei (jüdische Jungen werden wenige Tage nach der Geburt beschnitten). Nach einigen Monaten an der Front kam er in ein Elite-Internat der Nazis nach Braunschweig, weil ein kinderloser Offizier ihn nach dem Krieg adoptieren wollte (!). So war Sallys Kindheit und Jugend geprägt von Unterdrückung, Flucht, Abschied und Verlust und vor allem von der ständigen Angst, entdeckt und dann erschossen zu werden.

Die Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klassen hörten den lebendigen Schilderungen sehr aufmerksam zu. Die Gefühle des Grundschülers, der trotz hervorragender Leistungen nur aufgrund seines Judeseins von der Schule verwiesen wurde, der ergreifende Abschied von den Eltern, die bedrückende Angst, getötet zu werden und die erste zarte Liebe zu Leni, einem linientreuen, fanatischen BDM-Mädchen, nehmen die Zuhörer mit in eine andere Welt. Und sie lassen sich mitnehmen.

Die Herzen fliegen Sally Perel zu und man spürt, die Zuhörer freuen sich über die unglaubliche Kette von glücklichen Zufällen, über den Schutz und die Freundschaft einzelner Soldaten oder von Lenis Mutter, die ihm geholfen haben zu überleben. Neben der Freude über Sallys Überleben verbleibt aber noch etwas anderes in der Erinnerung der Schülerinnen und Schüler. Sallys Botschaft: Ihr seid nicht schuld an den Gräueltaten der Nazis, aber ihr tragt die Verantwortung, dass es nicht wieder zu solchen kommt.

Wer mehr erfahren möchte, dem sei das Buch empfohlen: Sally Perel, Ich war Hitlerjunge Salomon, München 1993.

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